Homosexualität und Kirche
Daten und Statistiken
Homosexualität und Heterosexualität sind nicht die einzigen sexuellen Orientierungen, die es gibt. Dazwischen liegen sehr viele andere Orientierungen, die jetzt nicht im Einzelnen aufgeführt werden sollen. Es ist daher nur schwierig genaue Angaben zur Homosexualität zu machen, da sich viele Menschen heutzutage nicht trauen, zu ihrer Sexualität zu stehen, da sich für sie mögliche negative Konsequenzen im Zusammenleben mit ihren Mitmenschen ergeben könnten (Vorurteile, Mobbing etc.). Dennoch soll hier eine Statistik herangezogen werden, die aus der Kinsey- Untersuchung 1978 über die amerikanische männliche Bevölkerung resultiert, um einen groben Überblick zu verschaffen. Die weibliche Bevölkerung ist bei dieser Untersuchung nicht berücksichtigt.
Zunächst erfolgt eine Unterteilung in 4% ausschließlich heterosexuelle Männer und 50% ausschließlich homosexuelle Männer. Die restlichen 46% repräsentieren die sogenannte Mischgruppe, also Männer, die auf irgendeine Weise in ihrem Leben homosexuelle Erfahrungen oder Fantasien aufwiesen.
Beispiele dazu:
- 37% der gesamten männlichen Bevölkerung haben zumindest einige physische homosexuelle Erlebnisse bis zum Orgasmus zwischen Pubertät und Greisenalter.
- 50% der Männer, die bis zum Alter von 35 Jahren ledig bleiben, haben von Beginn der Pubertät an physische homosexuelle Erlebnisse bis zum Orgasmus.
- 58% der Männer, die der Realschulgruppe angehören, jedoch nicht darüber hinauskommen, 50% der Hauptschulgruppe und 47% der Hochschulgruppe haben homosexuelle Erlebnisse bis zum Orgasmus, wenn sie bis zum Alter von 35 Jahren ledig bleiben.
- Etwa 13% der Männer reagieren erotisch auf andere Männer, ohne tatsächliche homosexuelle Kontakte nach Beginn der Pubertät zu haben.
- 30% aller Männer haben zumindest einzelne homosexuelle Erlebnisse oder sie reagieren mit homosexuellen Gefühlen über eine Periode von mindestens drei Jahren zwischen dem Alter von 16 und 55 Jahren.
- 25% der männlichen Bevölkerung haben mehr als einzelne homosexuelle Erfahrungen oder reagieren gefühlshaft homosexuell über mindestens drei Jahre zwischen dem Alter von 16 und 55 Jahren.
- 18% der Männer haben mindestens genauso viele homosexuelle wie heterosexuelle Erlebnisse in ihrer Lebensgeschichte über mindestens drei Jahre im Alter von 16 und 55 Jahren.
- 13% der Bevölkerung weisen stärkere Tendenzen zur Homosexualität als zur Heterosexualität auf über mindestens drei Jahre im Alter von 16 und 55 Jahren.
- 10% der Männer tendieren mehr oder weniger ausschließlich zur Homosexualität über mindestens drei Jahre im Alter zwischen 16 und 55 Jahren.
- 8% der Männer tendieren ausschließlich zur Homosexualität über mindestens drei Jahre im Alter zwischen 16 und 55 Jahren.
Diese Zahlen zeigen recht deutlich, wie verzweigt allein schon das Verständnis von Homosexualität ist. Homosexuelle sind von dieser Studie aus betrachtet also gar keine Minderheit in der Gesellschaft und wer die ausschließlich homosexuellen Männer diskriminiert, tut dasselbe also mit allen Männern, die irgendwann in ihrem Leben homoerotische Erlebnisse, Gefühle oder Gedanken erfahren haben, was bei etwa jedem zweiten Mann der Fall ist.
Heutiger gesellschaftlicher Stand
Heute ist das Spektrum christlicher Positionen zur Homosexualität breit: Ein Extrem bilden bestimmte Religiöse Kreise, die regelrechte Umerziehungsprogramme veranstalten. Umstrittene Konversionstherapien, die Schwule und Lesben von ihrer vermeintlichen Erkrankung heilen sollen, werden übrigens nicht nur in den USA angeboten, sondern auch in Deutschland. Und nicht nur an Christen richten sich solche Angebote der sogenannten Ex-Gay-Bewegung. Noch problematischer als solche Therapien selbst sind homophobe Lebenswirklichkeiten, die Menschen zu diesen Angeboten greifen lassen. Die orthodoxen Kirchen lehnen die homosexuelle Neigung ab, die sie oft mit westlicher Dekadenz gepaart sehen, und appellieren zur Meisterung beider durch Buße und Gebet. Ähnlich sieht es die römisch-katholische Amtskirche, für die homosexuelle Handlungen ein Verstoß gegen das natürliche Gesetz sind, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen (Katechismus, 1997: 2357); dennoch ist den so Veranlagten mit Respekt zu begegnen.
Islam und Judentum hatten damals verhältnismäßig wenig Einfluss auf die Gestaltung der westlichen sexuellen Dominanzkultur. Nach Naphy war dem Islam die Trennung der Geschlechter vorrangiges Anliegen. Gleichgeschlechtliche Handlungen seien eher als unangemessenes Verhalten denn als Sünde gewertet worden. Allerdings lässt sich heute eine deutliche Verschärfung in islamisch geprägten Ländern und Gemeinschaften beobachten. So droht Homosexuellen beispielsweise im Gottesstaat Iran die Todesstrafe. Diese extremsten Ausuferungen religiös motivierter Homophobie – von der Kriminalisierung und Ahndung bis hin zur Todesstrafe – hat sich allerdings zuerst in christlichen Gesellschaften entwickelt.